Netter Wanderer aus der Lausitz

27.04.2015, 11:03 Uhr | Artikel der Märksichen Oderzeitung

Schönefeld (MOZ) Die brandenburgische CDU hat den Wechsel an der Spitze des Landesverbandes vollzogen. Der neue Vorsitzende, Ingo Senftleben, will seine Partei in den nächsten vier Jahren zur stärksten Kraft im Land machen. Seine Personalvorschläge konnte er komplett durchsetzen.

"Ich bin gesprungen, ich muss mir später nicht vorwerfen, es nicht versucht zu haben", sagte Wieland Niekisch nach der Wahl des neuen Parteichefs. Der frühere Landtagsabgeordnete hatte vier Tage vor dem Parteitag seine Kandidatur um das höchste Parteiamt im Land angekündigt und in seiner Bewerbungsrede eine tiefergehende Aufarbeitung der gescheiterten Sondierungsgespräche mit der SPD im vergangenen Herbst eingefordert. Mit 29 von 212 abgegebenen Stimmen erzielte der Außenseiter ein achtbares Ergebnis, blieb aber letztlich eine Episode.

Ingo Senftleben, Fraktionschef im Landtag, erhielt 163 Stimmen. Der 40-jährige Lausitzer präsentierte sich den Delegierten als der freundliche, verlässliche und heimatverbundene Typ von nebenan: der gelernte Maurer, der gern wandert und die Probleme der Menschen kennt. Seine Partei sähe er gern als "besten Lobbyisten der Familien in Brandenburg". Der SPD, namentlich auch Regierungschef Dietmar Woidke, warf Senftleben vor, für die gescheiterte Polizeireform verantwortlich zu sein. Die Affäre um falsche Kriminalitätsstatistiken sei mit dem Abgang von Staatssekretär Arne Feuring noch lange nicht beendet, erklärte er.

Senftleben ließ sich auch nicht aus der Fassung bringen, als während seiner Rede unter anderem die Bundestagsabgeordneten Martin Patzelt und Hans-Georg von der Marwitz mit einem Transparent für den Ausstieg aus der Braunkohle warben. Senftleben bekannte sich vielmehr zur Nutzung der Braunkohle. Er forderte vielmehr seine Partei zur Geschlossenheit auf. Vor allem beim Thema Kommunalreform müsse die CDU mit einer Stimme sprechen, forderte er. Um dies zu erreichen soll ein Kongress einberufen werden, kündigte Senftleben an.

Obwohl es in den vergangenen Wochen Kritik daran gab, wie sich die Parteispitzen zu Beginn des Jahres untereinander auf die Nachfolge von Michael Schierack als Landeschef geeinigt hatte, spielte dies auf dem Parteitag in Schönefeld (Dahme-Spreewald) kaum eine Rolle. Das von Senftleben vorgeschlagene Personal für den Geschäftsführenden Vorstand erhielt eine solide Mehrheit ebenso wie die Beisitzer, bei denen erstmals seit Jahren gelang, alle 18 Kreisverbände in das Führungsgremium einzubeziehen.

Zu Beginn der Tagung hatte sich noch einmal der Ehrenvorsitzende Jörg Schönbohm an die Delegierten gewandt und zu Geschlossenheit aufgerufen. Es werde der SPD noch einmal leidtun, im vergangenen Herbst keine Koalition mit der CDU eingegangen zu sein, sagte er.

Zu Senftlebens Stellvertretern wurden die Landtagsabgeordneten Gordon Hoffmann (Prignitz) und Barbara Richstein (Havelland), die Bundestagsabgeordnete Jana Schimke (Dahme-Spreewald) und als Neuling auf der politischen Landesbühne die Sportmanagerin Karin Lehmann (Oder-Spree) gewählt. Generalsekretär wurde der Potsdamer Landtagsabgeordnete Steeven Bretz. Er zitierte in seiner Vorstellungsrede den alten KPD-Spruch: "Wer hat uns verraten - die Sozialdemokraten". Die CDU habe nicht vergessen, sagte er Richtung SPD. Gemeint waren die Sondierungsverhandlungen, deren Scheitern die Sozialdemokraten mit dem vertraulich geäußerten Wunsch von Schierack, lieber nicht Minister werden zu wollen, begründeten. Die Generalsekretärin der SPD, Klara Geiwitz, kommentierte den CDU-Parteitag genüsslich in einer Pressemitteilung. Sie höre den Appell des neuen Parteichefs nach innerparteilicher Geschlossenheit, allein es fehle ihr angesichts der Geschichte der Partei der Glaube, schrieb sie. Und dann zitierte sie ähnliche Appelle früherer, gescheiterter CDU-Spitzenpolitiker.

Quelle: www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1385843/