Leistungsklassen sind erfolgreich und umstritten

17.04.2015, 11:09 Uhr | Artikel der Märkischen Oderzeitung

Potsdam (MOZ) Eine Untersuchung der Universität Potsdam bescheinigt den Leistungs- und Begabungsklassen gute Arbeit. Ob dies auf der Auswahl der besten Schüler oder dem pädagogischen Konzept und der frühen Förderung beruht, bleibt umstritten.

Seit 2007 gibt es an 35 Schulstandorten Leistungs- und Begabungsklassen. Eltern melden dort ihre Kinder an, und nach einem Intelligenztest und einem Gespräch können sie bereits ab der fünften Klasse gesondert an Gesamtschulen oder Gymnasien gefördert werden. Damit wird für sie eine Ausnahme von der allgemeinen sechsjährigen Grundschulzeit gemacht.

Eine Untersuchung der Universität Potsdam bescheinigt den Schülern dieser Klassen erheblich bessere Lernleistungen als in Vergleichsklassen. Im Fach Mathematik wird den Schülern der 8. Klasse eine um zwei Drittel höhere Kompetenz zugesprochen als Schülern in den herkömmlichen Parallelklassen, in Deutsch wird ihnen eine um ein Drittel höhere Kompetenz bescheinigt.

Allerdings ist auch dies nicht für alle Leistungs- und Begabungsklassen gleich. Es gibt darunter einige, die sich kaum vom Niveau anderer Schulen unterscheiden. Zurückzuführen ist dies möglicherweise auf das Auswahlverfahren. So können Schulen im Berliner Umland ihre 25 Schüler für Leistungsklassen aus bis zu 96 Bewerbern wählen. In einem Fall gab es laut Studie jedoch eine Leistungsklasse mit den geforderten 25 Schülern, für die es nur 13 Anmeldungen gab. Man füllte mit anderen Kindern auf.

In dem Papier, das am Donnerstag vom Bildungsausschuss des Landtages diskutiert wurde, heißt es, dass in einzelnen Leistungsklassen sogar unterdurchschnittliche Intelligenzquotienten auftauchten. Insgesamt sei ein überraschend hoher Anteil an durchschnittlich intelligenten Schülern festgestellt worden.

Wenig überraschte die Erkenntnis, dass die meisten Kinder aus Elternhäusern mit höherem Bildungsgrad stammten. Bei 73,5 Prozent der Kinder hatte zumindest ein Elternteil Abitur, in den Vergleichsklassen an den Gymnasien waren es nur 58 Prozent. 34 Prozent der Schüler in Leistungsklassen gaben an, im Elternhaus mehr als 500 Bücher zu haben, in den Referenzklassen lag der Wert bei 21,2 Prozent.

Hochbegabte Kinder aus bildungsfernen Familien profitieren nicht von der Einrichtung der Leistungsklassen. Nur 1,9 Prozent der so geförderten Schüler stammt aus einem Elternhaus mit Hauptschulabschluss. Außerdem registriert die Studie, dass die Lehrer der Leistungsklassen zwar mehr Vorbereitungszeit für den Unterricht brauchen, aber auch höher motiviert sind. Bei den Schülern gibt es seltener Ängste, sich im Unterricht zu melden und die Zufriedenheit mit dem Bildungsweg ist hoch. Allerdings klagt die Hälfte über hohen Druck durch die Eltern, 30 Prozent bemängeln einen störenden Wettbewerb in der Klasse.

Der bildungspolitische Sprecher der CDU, Gordon Hoffmann, kritisierte, dass es nicht im ganzen Land Zugang zu Leistungs- und Begabungsklassen gibt. In der Prignitz, der Uckermark, Oberhavel und Dahme-Spreewald wurden keine eingerichtet, beziehungsweise früh wieder geschlossen. Für Marie-Luise von Halem (Grüne) ist es ein hoch erfolgreiches, aber auch hoch ungerechtes System, von dem nicht alle Kinder profitieren können. Die Linke kritisierte, dass für die zusätzlichen fünften und sechsten Klassen an Gymnasien bis zu 100 Lehrer extra nötig sind, die anderswo im System fehlen. Außerdem sei es in der Regel keine Lösung für wirklich Hochbegabte.