19.10.2015, 13:51 Uhr | Presseartikel des Prignitzer

Harte Steine, dumpfe Parolen
Auch in Brandenburg werden Politiker regelmäßig Opfer von Gewalt

"Das Klima im Land ist auf jeden Fall rauer geworden", sagt Andrea Johlige. Einen Tag nach dem Anschlag auf die Kölner Oberbürgemeisterkandidatin Henriette Reker ist auch die Landtagsabgeordnete der Linken aus dem Havelland betroffen und entsetzt. Denn Gewalt gegen Politiker hat Andrea Johlige auch schon selbst erlebt: "Wenn man nur die strafrechtlich relevanten Dinge zählt, hatten wir fünf Anschläge auf meine Wahlkreisbüros seit Januar", sagt Johlige. "Wenn man die Aufkleber und die übrigen Dinge, die wir von den Scheiben kratzen durften, mitzählt, waren es zehn." Im Sommer hatte die Abgeordnete eine "Kleine Anfrage" zu Anschlägen auf Politikerbüros gestellt. Damals hatte die Landesregierung geantwortet, dass allein in den ersten vier Monaten des Jahres mehr als 90 Anschläge von rechten und linken Gewalttätern auf Büros der im Potsdamer Landtag vertretenen Fraktionen gegeben habe. 

Zuletzt betroffen war indes die CDU: Die Kreisgeschäftsstelle der CDU Prignitz, in der der Bundestagsabgeordnete Sebastian Steineke und der Landtagsabgeordnete Gordon Hoffmann ihre Bürgerbüros haben, wurde mit fremdenfeindlichen Parolen beschmiert. Die Scheiben wurden mit Steinen eingeworfen. "Das war nicht das erste Mal - ich lasse mich von so etwas nicht einschüchtern", sagt Hoffmann. Er persönlich könne nicht verstehen, "dass Menschen, die Angst vor kriminellen Ausländern haben, nun mit Vandalismus und Sachbeschädigungen versuchten, Recht und Ordnung durchzusetzen." Damit würden sie ja selber kriminell. "Insgesamt zeigt das aber, wie angespannt die politische Situation im Land mittlerweile geworden ist", sagt Gordon Hoffmann. "Es gibt ein raueres Klima auf der Straße."

Ähnlich sieht das auch die LinkenAbgeordnete Andrea Johlige. "Es sind die Hemmschwellen gesunken, wenn Brandanschläge zum Volkssport werden und der Haß gegen die, die sich für Flüchtlinge einsetzen, kulminiert", so die Abgeordnete. Positionen, die noch vor einem Jahr undenkbar gewesen seien, seien heute scheinbar nicht mehr gesellschaftlich geächtet. "Wenn ein Galgen auf einer Demonstration mitgeführt wird, und die Demonstranten deswegen nicht rausgeschmissen werden, muss man sich schon Gedanken darüber machen, was da gerade passiert." (Von Benjamin Lassiwe)

Quelle: www.prignitzer.de