11.03.2017, 09:26 Uhr | Presseartikel der Lausitzer Rundschau

13 Monate Unterricht ohne Chef
Leitungsstellen bleiben im Durchschnitt 13 Monate unbesetzt

POTSDAM Brandenburgs Schulen gehen die Schulleiter aus. Wenn ein Direktor eines Gymnasiums oder einer Oberschule in Pension geht, muss die Schule im Durchschnitt 13 Monate mit einem kommissarischen Stellvertreter auskommen, bevor die Stelle wieder besetzt wird. Das geht aus der Antwort des Bildungsministeriums auf eine "Kleine Anfrage" des Prignitzer CDU-Landtagsabgeordneten Gordon Hoffmann hervor, die dieser Zeitung vorliegt.
Wie das Bildungsministerium in seiner Antwort betont, sei aber die "Zahl der derzeit nicht besetzten Schulleiterstellen nicht als pro blematisch einzuschätzen." Insgesamt seien zum Stichtag 1. August 2016 rund sieben Prozent der zur Wiederbesetzung vorgesehenen Direktorenstellen nur kommissarisch besetzt gewesen. Anderer Meinung ist indes die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW):. "Wir sehen das mit großer Sorge, denn die langen Vakanzzeiten gibt es schon seit längerer Zeit – und wir erwarten in vielen Schulen einen Generationswechsel", sagte GEW-Landeschef Günther Fuchs auf Nachfrage der RUNDSCHAU. "Wer seit den 1990er-Jahren in der Schulleitung aktiv ist, wird in den nächsten Jahren in Pension gehen." Doch die Stellen in der Schulleitung seien in Brandenburg im Unterschied zu anderen Bundesländern nur wenig attraktiv: "Die Belastung durch Verwaltungsaufgaben ist immens groß, die Schulleiter bekommen immer mehr Aufgaben und dazu noch eine Unterrichtsverpflichtung", sagt Fuchs. "In anderen Bundesländern werden Schulleiter höher und besser eingruppiert, als in Brandenburg."

 

Das räumt auch das Ministerium ein. "Im Zusammenhang mit der Selbstständigkeit von Schulen wurden daher Arbeitsbereiche auf die Schulen verlagert, die mehr Zeit kosten und mehr Verantwortung bedeuten", heißt es in der Antwort auf die Anfrage des CDU-Abgeordneten Hoffmann. Dies könne besonders an kleineren Schulen ein Motiv sein, sich nicht um Schulleiterstellen zu bewerben.

Das Land habe darauf reagiert: Seit Herbst 2015 müssten Schulleiter eine Stunde weniger unterrichten, zudem gebe es Fortbildungskurse am Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM).Dem CDU-Bildungsexperten Hoffmann freilich reicht das nicht. "Wann jemand in Pension geht, ist 40 Jahre vorher absehbar", sagt der Landtagsabgeordnete. "Mir ist es ein Rätsel, warum es die Landesregierung nicht schafft, da für nahtlose Übergänge zu sorgen." Dass es immer noch lange Wartezeiten an den Schulen gebe, zeige, dass die Landesregierung ihre Hausaufgaben nicht mache.

Ähnlich sieht das auch GEW-Chef Fuchs. Er fordert eine gezielte Personalplanung seitens des Ministeriums. "Nichts ist planbarer als der Einsatz von Lehrern", sagt Fuchs. Dass es jetzt Probleme bei den Schulleitern gebe, sei eine Folge der "falschen Personalpolitik der letzten zehn Jahre", sagt der GEW-Chef. "Wir haben das System auf Verschleiß gefahren, und jetzt fehlen uns die Menschen. (Von Benjamin Lassiwe)
 

Zum Thema:
In Brandenburg gab es 465 Grundschulen im Schuljahr 2015/2016. Die Zahl der Gesamtschulen beträgt 37, die der Oberschulen 147 und Gymnasien existierten 101. Hinzu kommen 89 Förderschulen und 41 Schulen mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt "Lernen". Insgesamt unterrichten im Land an allen allgemeinbildenden Schulen 18 220 Lehrerinnen und Lehrer. Davon an Grundschulen 7240. Hier nimmt mit 1616 die Altersgruppe von 50 bis 55 Jahren den vorderen Platz ein. 1343 sind im Alter von 55 bis 60 Jahren und 1019 zwischen 60 und 65 Jahren. An den Oberschulen lehren 3578 Pädagogen. Dort sind mit 918 die meisten Lehrkräfte im Alter zwischen 55 bis 60 Jahren. 537 sind im Alter von 60 bis 65 Jahren. An den Gymnasien unterrichten 4023 Lehrerinnen und Lehrer. Mit 963 nimmt die Altersgruppe zwischen 50 und 55 Jahren den Spitzenplatz ein, gefolgt von 859 (zwischen 55 und 60 Jahren) und 667 (zwischen 45 und 50 Jahren). Im Alter von 60 bis 65 Jahren unterrichten an den Gymnasien 469 Frauen und Männer.



Quelle: www.lr-online.de/nachrichten/brandenburg/Brandenburgs-Schulen-gehen-die-Schulleiter-aus;art310462,5882631