13.10.2017, 09:24 Uhr | Presseartikel der Märkischen Allgemeinen Zeitung

Grundschüler in Mathe gut, in Deutsch nur ausreichend

Potsdam. Brandenburgische Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse haben verglichen mit den Leistungen in den vergangenen sechs Jahren in der Rechtschreibung offenbar abgebaut. Das ist ein Ergebnis der gestern vorgestellten Studie Bildungstrend 2016 des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Berliner Humboldt-Universität (HU).

 In einem fiktiven „Leserbrief“ waren Falschschreibungen wie „intersant“, „Heuschreken“ und „schlim“ versteckt. Laut der Studie erreichten 23,2 Prozent der geprüften brandenburgischen Schüler beim Finden solcher Fehler nicht einmal die von der Kultusministerkonferenz (KMK) erarbeiteten Mindeststandards. Nur 5,8 Prozent hiesiger Schüler wurden den höchsten Anforderungen gerecht. In Bayern, das die Liste im Feld Orthografie anführt, schafften nur 12,4 Prozent nicht die Mindestanforderungen, dafür beherrschten 14,9 Prozent der getesteten bayerischen Grundschüler die Rechtschreibung so gut wie sich das die KMK vorstellt.

Im Fach Deutsch sind die Grundschüler der Mark seit 2011 insgesamt schlechter geworden und damit schlechter als der Bundesdurchschnitt, der im Wesentlichen gleich stark blieb. Gelesene Texte verstehen sie meist schlechter als die Schüler anderer Bundesländer. Auch ist ihr Verständnis beim Zuhören geringer. Der Trost: Im Fach Mathematik sind die Grundschüler in Brandenburg besser als im Bundesdurchschnitt, wo die meisten Schüler sogar schlechter wurden.

Die vergangenes Jahr getesteten Schüler mussten zum Beispiel ausrechnen, wie viele Sekunden in zehn Minuten enthalten sind. Während deutschlandweit dabei 15,4 Prozent der Schüler die Mindeststandards nicht erfüllen, sind es in Brandenburg nur 14,7 Prozent. Im Ländervergleich steht Brandenburg im Fach Mathematik an siebter Stelle. Angeführt wird die Rangliste auch in Mathematik von den Bayern wo nur 8,3 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Standards der KMK für mathematische Fertigkeiten nicht erfüllten. Mathe-Schlusslicht ist Bremen. 35,4 Prozent der Schüler dort erfüllten nicht die Grundvoraussetzungen. Das IQB hat mit „Bildungstrend 2016“ nach 2015 zum zweiten Mal eine flächendeckende Studie erstellt, die auch Aufschlüsse über die Entwicklung der schulischen Fähigkeiten gibt.

Zu den Autoren gehört IQB-Wissenschaftlerin Camilla Rjosk. Sie sagt, dass die Ergebnisse zwar „nicht besonders erfreulich, aber eben auch nicht zu stark alarmierend“ seien. Immerhin hätten noch etwa zwei Drittel der Schüler die von der KMK erarbeiteten Regelstandards im Lesen und im Fach Mathematik erfüllt. „Die Frage ist: Ab welchem Verhältnis will man zufrieden sein?“

Die oppositionelle CDU-Fraktion im Landtag ist es nicht. Sie spricht von enttäuschenden Ergebnissen. Ihr Bildungsexperte Gordon Hoffman, fordert die Landesregierung auf, etwas gegen die Schwächen der Schüler in der Rechtschreibung zu tun: „Angesichts dieser Befunde sollte das Ministerium endlich klare Kante zeigen und die umstrittene Methode des ‚Schreibens nach Gehör‘ endlich verbieten“, so Hoffmann. Ein „Warnsignal“ sehen auch die oppositionellen Grünen. „Brandenburg sollte sich nicht mit dem Mittelmaß abfinden“, sagt die bildungspolitische Sprecherin Marie Luise von Halem. Die KMK müsse jetzt die Ursache dieser Entwicklung erforschen.

Als „Weckruf“ für die Bildungspolitik versteht die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft die Ergebnisse. Der Landesvorsitzende Günther Fuchs sagt, sie bestätigten „leider unsere Warnungen und Sorgen vor den Auswirkungen der Unterausstattung der Grundschulen. Wenn wir seit fünf Jahren stagnieren oder sogar schlechter geworden sind, muss man endlich etwas tun“, so Fuchs zur MAZ. Die GEW fordert kleinere Klassen, mehr Möglichkeiten für individuelle Förderung und eine Unterstützung der Schulen zum Beispiel durch Psychologen und Sonderpädagogen.

Auch im Bildungsministerium kommt dieser „Weckruf“ durchaus an. Die neue Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) freut sich zwar über die guten Leistungen der brandenburgischen Schüler im Fach Mathematik, sagt aber: „Das Ergebnis für das Fach Deutsch, insbesondere Orthografie, ist nicht so ausgefallen, wie wir es uns wünschen.“ Ernst verspricht „Schlussfolgerungen für unsere Arbeit“ aus den Ergebnissen zu ziehen. Das könnte folgenreich sein. Ernst war von 2014 bis zum Juni 2017 Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Dieses Bundesland hat sich laut der Studie gegen den Abwärtstrend gestemmt. Bei der Rechtschreibung stehen die Schüler dort aktuell auf Platz sechs, bei der Mathematik arbeiteten sie sich von Platz 13 im Jahr 2011 ebenfalls auf den 6. Platz hoch. (Von Rüdiger Braun)


Quelle: www.maz-online.de/Brandenburg/Grundschueler-in-Mathe-gut-in-Deutsch-nur-ausreichend