05.04.2018, 14:53 Uhr | Pressebericht der Märkischen Oderzeitung

Lehrermangel: Gründung einer pädagogischen Hochschule im Gespräch

Potsdam (MOZ) Jährlich verlassen 500 Lehramtsstudenten die Universität Potsdam. Eingestellt werden müssen in diesem und den nächsten Jahren aber mehr als 1000 neue Pädagogen. Die Kultusministerkonferenz fordert, dass jedes Land dem Bedarf entsprechend ausbilden soll. Das könnte die  Hochschullandschaft in Brandenburg verändern.

Jahrelang hieß es vonseiten der Landesregierung, dass man die Kapazität der Lehrerausbildung nicht erhöhen muss, weil Mitte des nächsten Jahrzehnts der Bedarf wieder stark sinkt. Beginnt man jetzt mit mehr Studenten, würden sie genau dann fertig, wenn man wieder weniger Lehrer braucht.

Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) hatte den Lehrerbedarf zu Beginn des Jahres neu berechnen lassen. Jetzt zeigt sich, dass man auch nach 2023/24 weiter jährlich über 600 Lehrer neu einstellen muss. Bis dahin sind es zwischen 950 und 1200 pro Jahr. Zuletzt erklärte Ernst, dass im Zusammenhang mit dem Ausbau der Kapazitäten auch über andere Standorte außerhalb der Universität in Potsdam geredet wird, die bislang die Ausbildung verantwortet. Seitdem macht die Frage, ob wieder eine Pädagogische Hochschule gegründet werden soll, im politischen Raum die Runde. Baden-Württemberg ist diesen Weg gegangen.

Gerrit Große, bildungspolitische Sprecherin der Linken im Landtag, kann dem etwas abgewinnen. Sie fragt, warum künftige Mathelehrer an der Universität Potsdam mit den Spezialisten zusammen das Fach bis zum Master studieren müssen. Das führt zu siebenjährigen Studienzeiten für Lehrer – im besten Fall.

Große wünscht sich eine Diskussion um die Verkürzung der Studienzeiten, beispielsweise durch den Verzicht auf das Staatsexamen als Abschluss. Dann wäre allerdings nicht ohne weiteres eine Verbeamtung möglich, was wiederum den Wettbewerb mit den anderen Ländern erschwert. Auch der Philologenverband fragt, warum eine ordentliche Fachausbildung für Mathelehrer nicht ausreichen soll, dafür aber mehr Wert auf die Erziehungswissenschaften gelegt werden kann, so Landesvorsitzende Kathrin Wiencek.

CDU und Grüne im Landtag wollen dagegen lieber an der Uni-Ausbildung festhalten. Luise von Halem (Grüne) meint, dass die Studenten so immer am Puls der Zeit sind. Aber auch sie und der bildungspolitische Sprecher der CDU, Gordon Hoffmann, kritisieren, dass an der Universität Potsdam nicht einmal eine Fakultät für die Lehrerbildung existiert. Lehrerstudenten füllen die Hörsäle, sind aber sonst das fünfte Rad am Wagen, sagt Hoffmann. Universitäten geht es um Drittmitteleinwerbung und das Ranking in Forschungswettbewerben – mit der Lehrerausbildung ist da nicht viel Staat zu machen, sagt Große.

Wilhelm-Günther Vahrson, Präsident der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, plädiert dafür, Lehrer auch an Fachhochschulen auszubilden. Für Berufsschullehrer wäre seine Hochschule geeignet. Um den Fehlbedarf schnell zu decken, sei eine Kapazitätserweiterung an der Potsdamer Universität sicher sinnvoll. Aber mittelfristig könne man die Lehrerausbildung auch breiter aufstellen, beispielsweise in Kooperationen, sagt Vahrson. Seitens der Frankfurter Viadrina-Universität, die auch immer wieder als möglicher Standort für die Lehrerausbildung genannt worden war, hieß es am Donnerstag lediglich, dass das kein Thema sei. Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) kann sich vorstellen, dass an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg künftig auch Lehrer ausgebildet werden. „Wir sind in engen Gesprächen mit der BTU“ , sagte sie.


Quelle: www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1649247/